3. Ehemalige Poststation, Erste Tankstelle
Das schöne alte Bruchsteinhaus in der Andreasstraße ist wohl, außer der Alten Kirche, eines der ältesten und geschichtsträchtigsten Gebäude in Stockheim. 1785 steht eingemeißelt über der Eingangstür. Vielleicht ist es das Baujahr, sicher weiß man es nicht.
Gebaut wurde es von Johann Jacob Thelen.
11) Er wurde 1761 geboren. Seine Eltern waren die Pächter auf dem „Pützhof“. Er hatte zwei Brüder, Christian Josef Thelen und Johann Everhard Thelen, die beide Priester waren. Johann Jacob Thelen war zweimal verheiratet. Das erste Mal mit einer geb. Rüttgers aus Düren und nach deren Tod mit A. M. Heidgens aus Stepprath oder Stockheim. Mit ihr hatte er vier Kinder. Als auch sie starb, verkaufte er sein schönes Gut an die Eheleute Hermann Josef Siepen und Anna Sibilla Rey am 04. April 1810. Er wurde auch Priester und traute bei seiner Primiz in Köln das letzte seiner vier Kinder aus zweiter Ehe mit dem Weinhändler Merlo.
Am 06. August 1816 starb Johann Jacob Thelen in Köln an der Wassersucht.
12) Hermann Josef Siepen und seine Frau machten aus dem Gutshaus ein Gasthaus.
Es war gesetzliche Pflicht der Gastwirte ein Logierbuch zu führen. Eins dieser Logierbücher ist noch vorhanden und zwar aus dem Zeitraum von 1830 bis 1842. Da der Gastwirt scheinbar ein schreibfreudiger Mensch war, findet man dort nicht nur das woher und wohin, sondern auch kleine Geschichten über seine Gäste. Es kamen Händler jeglicher Art, so ein Bildhändler aus Ungarn, ein Goldhändler-Ehepaar aus Köln. Es kamen die Fruchthändler aus dem Hohen Venn, die nach einer Missernte das Getreide auf den Dürener und Jülicher Märkten holten und in ihre hungernden Dörfer brachten. Dann kamen Fuhren mit Eisenerz aus Tondorf, Engelgau, Krekel, Marmagen und Blankenheimerdorf in der Eifel. Andere Gäste waren die Kohlen- und Kalkhändler aus der Stolberg-Eschweiler Gegend, die Schafhirten und Schweinetreiber aus dem Kreis Jülich, aus Grefrath und Trier, aus Breiell und Füssenich, die ihre Herden vor sich hertrieben, direkt auf die Wiesen, die zum Gasthaus gehörten. Vom Orgelmacher Müller aus Kirchseifen heißt es, dass er mit zwei Gesellen nebst Fuhrmann eine neue Orgel ins Flachland, gemeint ist der heutige Kreis Erkelenz, brachte. Sogar ein Pfarrer aus Bürvenich, der mitsamt seinem ganzen Mobilar zu einem neuen Pfarrort unterwegs war, kehrte ein, junge Rekruten die zu Fuß zum Dienst zogen und wenn es selbst nach Berlin war, waren hier Gäste.
Tausende Namen weist das Buch auf, denn manchmal waren es fünf, sieben und mehr Leute, die in einer einzigen Nacht in dem großen Gasthaus kampierten.
Natürlich hielten auch die Pferdekutschen an, die Pferde wurden gewechselt, Post verteilt oder mitgenommen, Fahrgäste stiegen ein und aus. Es muss ein lustiges Treiben gewesen sein.
Als in den Jahren um 1870 die Bahn von Düren nach Euskirchen gebaut wurde, verlor das Stockheimer Gasthaus langsam seine Bedeutung. Wann genau weiß man nicht, jedenfalls wurde es an den Landwirt Schiffer verkauft. Dieser betrieb wieder einen Bauernhof. 13) Sein Sohn Heinrich Schiffer berichtete, dass er bis 1915 auf dem Hof seines Vaters gearbeitet hat. In Köln/Riehl wurde er 1915 bei der Infanterie M 65 gemustert und machte anschließend den Franzosen-Feldzug mit.
14)Am 09.06.1907 verhindern die Gebrüder Stockheim, durch Warnungen, den Zusammenstoß zweier Automobile. Man kann also davon ausgehen, dass auch in Stockheim langsam die Ära der Automobile begann. Die erste Tankstelle in Stockheim befand sich an der früheren Poststation. Das Foto entstand ca. 1926/27. Es zeigt Heinrich Schiffer und Barthel Stockheim. Wie die Geschichte des alten Hauses sich genau fortsetzte ist schwierig nachzuvollziehen. Es wohnten Stockheimer Familien dort und im 2. Weltkrieg diente der Gewölbekeller als Luftschutzkeller. In all den Jahren war das Haus sehr herunter gekommen und quasi abbruchreif.
Im Jahre 1974 kaufte Günther Linßen die alte Poststation und rettete sie so vor dem Abriss, die Abrissgenehmigung lag schon vor. Mit viel Liebe, in mühevoller Kleinarbeit restaurierte er Stück für Stück das alte baufällige Haus. Heute ist es ein Kleinod mit Barockgarten, den man leider von außen nicht sehen kann. Seit 1985 steht es unter Denkmalschutz.