19. Grube Eustachia, Steigerhaus

 

 

  • Grube Eustachia
  • Allgemeine Informationen zum Bergwerk
  • Abbautechnik – Tiefbau
  • Betriebsbeginn – 1854

 

Die Anlage befand sich auf der Stockheimer Heide am Niederauer Weg, damals etwa 300 m nordwestlich der letzten Häuser von Stockheim. In der Nähe des Weges erhob sich der Förderturm, dahinter wurde die Kohle gelagert und wiederum 300 m weiter nordwestlich standen die Gebäude weiterer industrieller Unternehmungen. Das Gelände umfasste etwa 10 Morgen. Heute erinnern die Straßennamen Am Bergwerk und Am Torfberg an den früheren Torf – Abbau an dieser Stelle.

Braunkohle

63) Die Braunkohlenförderung wurde 1854 aufgenommen. Gegründet wurde die Betreibergesellschaft – später Gewerkschaft – durch den Friedensrichter Doinet, den Arzt Dr. Heinrich Vonderbank und durch den Gutsbesitzer Cornelius Menzen, alle drei aus Zülpich. Der 34 Fuß (etwa 11 m) hohe Förderturm bestand aus Holzfachwerk, das mit Ziegelstein ausgemauert war. Darin befanden sich zwei Trommeln für die Drahtseile, an denen in dem Doppelschacht jeweils ein mit Braunkohle gefüllter „Hunt“ heraufgezogen und ein leerer hinabgelassen wurde. 1857 wurde die Konzession zum Betrieb einer Dampfmaschine erteilt. Aufgestellt wurde eine Maschine der Firma J. Piedboeuf aus Aachen mit 8 PS und einem Überdruck von 3,5 Atü. Sie sollte sowohl die Fördermaschine, als auch die Entwässerung und eine geplante Brikettpresse antreiben. Zur Befeuerung wurde Braunkohle genutzt. Der Rauch zog durch einen 60 Fuß hohen freistehenden Schornstein ab. Die Braunkohle wurde im Winter von bis zu 30 Bergknappen abgebaut und auf den Lagerplatz befördert, wo sich im Frühjahr ein 5 – 6 m hoher Kohlehaufen erhob. Zur Weiterverarbeitung mussten zunächst die zahlreichen, für die Klüttenherstellung unbrauchbaren Holzstückchen, ausgesiebt werden. Sie wurden aber unter dem Dampfkessel und später im Ofen der Steinzeugfabrik verbrannt. Anschließend wurde die Kohle mit einer Walze zerkleinert, in einem Bottich zu einem zähen Brei verarbeitet und in kleine Eimerchen geschöpft. Diese wurden auf den Boden gestürzt. So erhielt die Kohle die Form runder Klütten, die man trocknen und bis zum Verkauf vor der Heizsaison im Herbst aufstapeln konnte.

Teerdestillation und Holzkohle

Wohl wegen ihres hohen Holzanteils versuchten die Betreiber die Braunkohle auch anderweitig zu nutzen. 1861 wurde die Destillation von Teer aufgenommen. Dazu waren in einem Fachwerkgebäude vier gusseiserne Retorten in Betrieb genommen worden. Statt der Retorten ist später von einem Ofen zur Herstellung von Holzkohle in einem Ziegelsteinbau die Rede. Spätestens 1865 war dieser Ofen jedoch wieder abgebrochen. Von der Teerdestillation war schon zuvor nicht mehr die Rede gewesen.

Steinzeug

Nun beantragten der Grubensteiger der Eustachia, Heinrich Schneider und der Werkmeister Heinrich Oberheitmann aus Düren, die Konzession zur Herstellung von Steinzeug. Jedoch wurde zunächst nur einer der beiden genehmigten Öfen gebaut (im Lichten 6 m lang, 2,5 m breit und 4 m hoch). Sein Gewölbe schloss mit dem Bodenniveau ab. Allerdings ließen sich darin statt Schmelztiegeln, Retorten und Drainröhren lediglich feuerfeste Steine brennen. Am Jahresende hatte sich zudem der verschuldete Oberheitmann ins Ausland abgesetzt. Schließlich bewirkte der Krieg von 1866 einen Absatzeinbruch. Erst 1867 wurde der zweite Ofen an den 12 m hohen Schornstein des ersten angeschlossen. Er war deutlich kleiner (im Lichten 2 m breit und tief).
Zur Anlage gehörte noch ein Schuppen in dem ein Pferd eine Steinmühle antrieb. Damit wurde das Material für die feuerfesten Steine zermahlen. Vermutlich waren die Steinzeugfabriken und die Zeche, deren Untertagebau gegen den aufkommenden Tagebau nicht mehr konkurrenzfähig sein konnte, um 1870 nicht mehr in Betrieb.

Konfikte

Die Anlage war mit Zustimmung, aber ohne Entschädigung der Gemeinde Stockheim auf deren Grundbesitz eingerichtet worden. Erst bei den Verhandlungen um die Genehmigung der Steinzeugöfen konnten die Gemeindevertreter eine jährliche Abgabe durchsetzen. Die Teerdestillation erfolgte sogar gegen den Willen des Gemeinderates, der sich beim Erwerb eines Grundstücks durch einen von der Gewerkschaft Eustachia vorgeschobenen Ortseinwohner hintergangen fühlte. Mit der Luftverschmutzung, die von der Anlage ausging, waren mehrere Kreisbehörden, allerdings mit teilweise gegensätzlichen Positionen befasst. Der Kreisarzt stellte fest, „Braunkohleöl, Benzin, Naphthalin u.s.w. verbreiten einen unangenehm berührenden und belästigenden Geruch. Sein Vorschlag, die Abgase in die Verfeuerung zurückzuleiten, wurde schließlich gegen den Widerstand der Betreiber durchgesetzt.
64) 1906 am 16. 01. ist der halbe Teil der Braunkohlegrube Eustachia, Eigentum des Dr. Wierex, Advokat zu Köln, im Dürener Amtsgericht versteigert worden.

65) In den 1940iger Jahren wurde in der Stockheimer-Schule wohl auch das Thema Eustachia behandelt, wie man in einem noch erhaltenen Schultext von Grete Salentin nachlesen kann. Es ist ganz interessant einen Vergleich anzustellen.

Eustachia – „die Ährenreiche oder die Fruchtbare“

Die Stockheimer Kohle lag ziemlich tief. Das Flöz war etwa 3 ½ m dick und enthielt noch viel unverkohltes Holz. Es lagen riesige Baumstämme darin, von etwa 4 m Dicke und 20 m Länge. Der Schacht war ungefähr 20 m tief. Die Kohle musste in Handbetrieb herauf gedreht werden. Später schaffte man einen Göpel an.
Oben wurden die Holzstücke aus der Kohle herausgesucht. Die Braunkohle kam in eine große Wanne, die mit Brettern eingefasst war. Man schüttete Wasser darauf und ließ sie durch ein Pferd kneten. Es entstand ein steifer Brei, den man noch mit Ton vermischte, um ihn klebrig zu machen. Der Brei wurde in Handbetrieb in hölzerne Formen gebracht, dann an der Luft getrocknet und als „Klütten“ verkauft. Aus den waldarmen Dörfern holte man sie mit Fuhrwerken ab. Daran erinnert noch die Bezeichnung „Kohlenweg“.
Im Jahre 1857 las man im Dürener Anzeiger:
„Jetzt wieder frischgebackene Klütten und Knabben zu verkaufen.
Eustachia Stockheim“.

Im gleichen Jahr wurde die erste Dampfmaschine von acht Pferdekräften aufgestellt. Dazu baute man einen 20 m hohen vierkantigen Kamin. Die Maschine betrieb die Förderung und die Wasserhaltung.
Um diese Zeit war in Köln eine Industrieausstellung, auf welcher die ersten Briketts gezeigt wurden. Sie waren in Sachsen hergestellt und man nannte sie Presskohlen. Sie wurden aus Kohlenstaub unter großer Hitze gepresst.
In Stockheim wurde dieses neue Verfahren jetzt auch angewandt. So entstand hier die erste Brikettfabrik des ganzen Rheinlandes. 1861 wurde der Betrieb durch den Bau einer Teerfabrik und 1865 durch eine Fabrik feuerfester Produkte erweitert. Der Rauch der Teerfabrik belastete die Dorfbewohner, so dass man Apparate aufstellen musste, die das Qualmen verhinderten. Im Jahre 187? stürzte der größte Stollen ein. Von diesem Unglück konnte sich das Unternehmen nicht mehr erholen.
Die Fabrikgebäude wurden abgebrochen, die Dampfmaschine verkauft.
Heute dehnt sich dort ein welliges Gelände aus mit Heide, Gärten, Sumpf und Feld. Am Rande des Zechenplatzes steht noch das Steigerhaus.

66) Aus einem Bericht in der Zeitschrift Revier und Werk
„Kennen sie Eustachia“

…über die Kohlenziegel oder Briquettes heißt es, dass sie wegen ihrer Festigkeit, ihrer Heizkraft und ihrer Reinlichkeit großen Anklang finden. Sie sind in gefälliger Form gepresst, 6 Zoll lang, 3 Zoll breit, 1 Zoll hoch, brennen nicht schwelend und unter Gestank, sondern hell flammend und sind der reinlichste Kohlenbrand den man sich wünschen kann. Man kann dieselben in einem Körbchen neben den Ofen setzen, um von Zeit zu Zeit mit reingewaschenen Händen einige Steine anzulegen, ohne sich zu beschmutzen.

Das alte Steigerhaus

67) Das Steigerhaus der Eustachia befindet sich immer noch an seinem alten Platz, in Stockheim Am Torfberg 19.Viele Bewohner hat es im Laufe der 1 ½ Jahrhunderte gesehen. Wilhelm Puh kaufte es im Jahre 1930 von der Gemeinde und baute es mit seinem Sohn Alfred zu einem modernen wohnlichen Haus um. Die heutigen Besitzer sind Simon Bauer und seine Frau.
Der Eingang zu den Grubenschächten lag an der Hofseite des Hauses.
In früheren Jahren gab die Erde nach starken Regenfällen an verschiedenen Stellen, im Bereich der Grube, auch schon mal nach, da die Stollen offensichtlich nicht gründlich genug verschüttet wurden. Eine Geschichte erzählte man sich oft im Dorf. Arnold Ramacher aus Stockheim wollte den Garten mit Pflug und seinem Ochsen umpflügen. Doch plötzlich tat sich die Erde auf und das ganze Gespann versank in der Tiefe. Mit Balken und vieler Männer Kraft konnte das Tier
letztendlich befreit werden.